Vom großen Stadtbrand von 1709

Der Reichtum stärkte das Selbstbewusstsein der Boizenburger, und sie verließen sich nur auf ihre eigene Kraft, der sie ihren Besitz verdankten. Das galt in einer Zeit, die noch sehr unter kirchlichem Einfluss stand, als eine schwere Sünde. Die Geistlichen predigten in der Kirche gegen den Reichtum, der unter Beihilfe des Teufels erworben sei, und das Volk glaubte ihnen. Aber die reichen Leute kümmerten sich nicht darum, denn sie gingen nicht in die Kirche. Da soll der Teufel einmal sein Hauptbuch, in dem die Namen seiner Schuldner standen, zurückgelassen haben, und das Strafgericht konnte beginnen.
Eine Schifferfrau war beim Buttern, aber es wollte nicht recht gelingen. Da ging sie zur Nachbarin, von der sie wusste, dass diese in solchem Fall ein eisernes Vorhängeschloss vor das Butterfass legte und immer reichliche und gute Butter bekam. Das wollte sie entleihen. Sie traf aber die Nachbarin nicht zu Hause an, doch lag das Vorhängeschloss auf dem Tisch, und so nahm sie es mit herum und setzte die begonnene Arbeit fort. Bald hatte sie eine solche Menge dicker, goldgelber Butter, dass es ihr selbst nicht recht geheuer vorkam. Sie stellte das Fass in die Ecke und wartete die Heimkunft ihres Mannes ab. Der kam auch bald und hatte keine Bedenken, das Buttern fortzusetzen. Auf einmal trat ein feingekleideter Herr in die Stube, der sagte, man habe heute seine Hilfe in Anspruch genommen, dafür müsse man auch eine kleine Gegenleistung tun. Er verlange weiter nichts, als dass beide ihren Namen in sein Buch schrieben, und damit legte er es ihnen vor. Der Mann war auch dazu bereit, wie er aber nach Tinte und Feder griff, sagte der Herr, es sei besser, wenn er mit einem Tropfen Blut unterschriebe. Da wusste der Schiffer, mit wem er es zu tun hatte. Schnell holte er die Bibel vom Bord und hielt sie dem Fremden entgegen. Da gab es einen Blitz und einen Knall, und der feine Herr fuhr durchs Fenster davon und nahm das Fensterkreuz gleich mit, so dass die Glassplitter umherflogen. Das Buch hatte er in der Aufregung zurückgelassen, und als die Eheleute sich von ihrem Schreck erholt hatten, fanden sie darin die Namen vieler Personen aus Boizenburg. Sie brachten es den Pastoren, und diese forderten nun die ganze Gemeinde zu einem Bußgottesdienst nach der Kirche. Aus Angst vor einer Anzeige wegen Hexerei erschienen auch alle, die im Buche standen. Eben beteten sie, Gott möge sie lieber strafen, als dass sie um ihre Seligkeit kämen, da erklang die Sturmglocke, Feuerschein drang in die Kirche, und wie die Versammelten hinausstürzten, sah man, wie die ganze Stadt in Flammen stand.

Quelle: Hans Vick, Sagen und Erzählungen aus Boizenburg, Heimatblätter des Kreises Hagenow, Boizenburg, Pädagogisches Kreiskabinett Hagenow 1956

Vom großen Stadtbrand von 1709 - Plattdeutsch

Vom großen Stadtbrand von 1709
Boizenburg

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