Die Fischerkerle vom Kiez

Bevor unser Neustadt-Glewe zur Stadt unter dem heutigen Namen wurde, gab es bereits das wendische Fischerdorf Kiez. Noch heute wird ein Teil der Stadt als Kiez bezeichnet. Darin lebten einst 14 Fischerkerle, nahe der Elde, denn dort fischten sie täglich und verdienten sich auf diese Weise ihren Lebensunterhalt in der Grafschaft. Sie fingen Forellen, Barsche, Zander und Karpfen und hatten so ihr Auskommen.
Nur einer der 14 Fischer war weniger erfolgreich in seinem Tun. Immer wieder waren seine Netzte leer oder die Fische zu klein, um sie gut verkaufen zu können. Die anderen Fischer machten sich über diesen einen oft lustig und höhnten, er solle sich besser eine andere Arbeit suchen. Doch Fischen war das Einzige, was dieser gelernt hatte und je tun wollte, denn er liebte das Wasser und die Natur. Er war gern an der Elde und beobachtete das kühle Nass, wie es gemächlich an ihm vorbeifloss. Daher gab er nie auf. Tag für Tag versuchte er sein Glück und wurde immer wieder enttäuscht.
Eines Tages rief der Landvogt aus, der Graf zu Schwerin wolle ein feines Gelage mit hohen Gästen ausstatten, und dafür sollte ein prächtiger Wels aufgetischt werden. Eine hohe Belohnung wurde versprochen für denjenigen Fischer, der ihm einen riesigen Wels fangen würde. Auch die Fischer vom Kiez hörten davon, doch keiner von ihnen traute sich, diese Herausforderung anzunehmen. Es war nicht so, dass sie nicht wussten, wie ein Wels zu fangen war. An ihren Kenntnissen und Fähigkeiten lag es demnach nicht, weshalb sie zurückschreckten und sogar freiwillig auf die großzügige Belohnung verzichteten.
Der Grund war ein anderer. Es war nämlich bekannt, dass der Eldegrapsch, der Herrscher der Elde, ein gefürchteter Wassergeist, in der Nähe des Kiezes seine Wohnstatt hatte. Solange die Fischer dem Eldegrapsch nicht in die Quere kamen und seine Ruhe störten, sich ehrfürchtig verhielten und ihm angemessen huldigten, gab es für die Fischer keinen Anlass, diesen mächtigen Wassergeist zu fürchten. Im Gegenteil, manchmal schien es sogar, als würde er ihnen behilflich sein.
Was also war das Problem? Nun, es war weithin bekannt, besonders unter den Fischern, dass das Lieblingstier des Eldegrapsches ein riesiger Wels war, der ihn stets begleitete und ihm nahestand. Daher hätte es niemand jemals gewagt, in der Elde einen Wels zu fangen.
Der Landvogt bemerkte die Zurückhaltung der Fischer, doch da er selbst um seinen Stand bangte, wenn er den Grafen nicht zufriedenstellte, bestand er weiterhin darauf, dass ihm einer der Fischer einen prächtigen Wels fangen sollte. Er erhöhte sogar die Belohnung. Die Fischer jedoch weigerten sich nach wie vor, denn den Eldegrapsch fürchteten sie mehr als den Landvogt.

Die Fischerkerle vom Kiez - Plattdeutsch

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Neustadt-Glewe

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