Das Albdrücken heißt bei uns „Moort-Riden“. Der Sage nach wird es hervorgerufen durch ein unheimliches Wesen, den Moort, der sich rittlings auf einen schlafenden Menschen setzt und ihn fürchterlich drückt und piesackt. Der Moort kommt ins Zimmer, indem er sich ganz lang und dünn macht und durch das Schlüsselloch schlüpft. Verklebt man das Schlüsselloch, solange der Moort im Zimmer ist, oder fasst man ihn mit einem Erbhandschuh an, so muss er sich in seiner wahren Gestalt zeigen. Man sieht dann, dass er ein hübsches Mädchen ist.
Einmal heiratete ein Poeler Knecht ein solches Mädchen, das sich bei ihm als Moort eingeschlichen hatte und drei Kinder von ihm zur Welt brachte. Die Frau konnte aber keine Ruhe finden, eine heimliche Sehnsucht ließ sie nicht los. Eines Tages bat sie ihren Mann, ihr doch mal das Schlüsselloch zu zeigen, durch das sie gekommen sei. Der Mann machte das Loch frei und im selben Augenblick war die Frau verschwunden. Er sah sie nie wieder. Aber jeden Sonnabend kam sie, wusch und kämmte die Kinder und zog ihnen reine Hemden an. Sobald aber ihr Mann sie belauschen wollte, verschwand sie sofort wieder.
Häufig hat man festgestellt, dass ein Moort über die Ostsee kam, so bei Timmendorf, am Strand beim Schwarzen Busch oder bei Rerik. Der Moort hat bei solchen Fahrten seine menschliche Gestalt. Als Fahrzeug benutzt er eine Molle (Backtrog), als Ruder dient ihm eine Flachsschwinge und als Segel der Rand eines großen Kornsiebes. Diese drei Teile galten hier früher als uralte Zaubergeräte.
Am Schwarzen Busch fanden Kinder einmal beim Spielen solche Sachen. Auch in Timmendorf sahen Hütejungen die drei Zauberteile und versteckten sie im Kornfeld. Bald darauf hörten sie ein jämmerliches Klagen und Schluchzen. Flehend rief eine Stimme immerfort:
„Meine Schwinge, meine Molle, mein Siebrand!
Meine Mutter ruft in England:
Lieschen steh auf und melk die Kühe!“
Als Lohn versprach der Moort ihnen sechs Bolten (Ballen) Leinen, wenn ihm seine Sachen zurückgegeben werden. Sein Versprechen löste er auch stets ein.
Wie der Schwarze Busch zu seinem Namen kam
Früher war die ganze Insel Poel mit Wald bewachsen. Der größte Teil des Waldes gehörte einem reichen Mann, nur ein kleines Stück gehörte einem armen Mann.
Nun kam der liebe Gott einmal auf die Erde, um zu prüfen, wer von den Inselbewohnern in den Himmel sollte und wer in die Hölle musste. Er ging zunächst zu dem Reichen und bat um Nahrung und Nachtlager. Der aber schickte ihn mit groben Worten sofort davon. Da ging er zu dem armen Mann. Der gab ihm ein Nachtlager und teilte sein bisschen Brot mit ihm.
Am nächsten Morgen war der liebe Gott natürlich wieder verschwunden. Aber zwei Tage später schlug der Blitz in den Wald des reichen Mannes. Der ganze Wald brannte ab, nur das kleine Stück des armen Mannes blieb stehen. Die Bäume ringsherum waren alle verkohlt und deshalb nannte man das Waldstück den „Schwarzen Busch“.
Quelle: Sagen von der Insel Poel, Herausgeber: Förderverein des Heimatmuseums Insel Poel