Der Teufelsstein

Zwischen Gadebusch und Güstow liegt der Teufelsstein. Weil es dauernd Streit gegeben hat, wo die Grenze zwischen den Gadebuschern und Güstowern verläuft, kam der Teufel des Weges mit einem großen Stein auf der Schulter. Diesen warf er zwischen die Streitenden und sagte: “Hier soll die Grenze zwischen euren Dörfern sein“. Der Stein ist heute noch zu sehen. Seitdem hat es keinen Streit mehr zwischen den Bauern von Passow und Güstow gegeben. Es soll vorkommen, so sagen es die alten im Dorf, dass der Teufel zur Mitternacht dort in der Feldmark umherschleicht, um nachzusehen, ob der Stein noch an seiner Stelle liegt.
Die Geschichte wäre jetzt zu Ende, wenn nicht der Teufel so nachlässig gewesen wäre.
Der Stein, der über viele, viele Jahre immer noch da lag, wo der Teufel ihn hingeworfen hatte, und die Bauern friedlich miteinander umgingen, wurde der Teufel auch nicht mehr so oft auf dem Feldern der Bauern gesehen. Aber die hüglige Landschaft machte den Bauern von Güstow und Passow von Jahr zu Jahr mehr zu schaffen, da sich das Regenwasser in den kleinen Kuhlen sammelte und der Acker dadurch an Fläche verlor. Die Bauern waren sich einig, einen Graben zur Entwässerung ihrer Felder zu ziehen. Da der Stein des Teufels genau da lag, wo der Graben verlaufen sollte, beschlossen sie, den Stein am Feldrand von Passow abzulegen, gleich neben der Straße nach Gadebusch. Da sie all die Jahre gut miteinander ausgekommen waren, hatten sie auch keine Bedenken, dass der Teufel Einwände erheben würde, den Stein aus dem Weg zu räumen.
Es bedurfte 30 Ochsen und starker Seile den Teufelsstein zum Feldrand zu rollen. Sogleich machten sie sich an die Arbeit und zogen einen Graben durch die Feldmark. Die Bauern bestellten nun ihre Felder Jahr ein Jahr aus und keiner dachte mehr an den Teufel und an seinen Stein. Der Stein indes versank im Laufe der Jahre durch sein Gewicht immer mehr in den Boden, und man sah nur noch ein Teil von ihm herausschauen.
Ein neu zugezogener Mann aus Paetrow fuhr öfters an diesen Stein vorbei, wenn er nach Gadebusch fuhr, um seine Besorgungen zu machen. Er verliebte sich nahezu in den Stein und wolle ihn unbedingt für sich haben. Nur alleine konnte er den Stein nicht bewegen und bat daher die Bauern, ihm dabei zu helfen, den Stein nach Paetrow zu schaffen.
Die Bauern hatten kein gutes Gefühl, den Stein ein zweites Mal zu bewegen, denn sie wussten von ihren Vätern und Großvätern, was es mit diesem Stein auf sich hatte und rieten den Mann ab, den Stein zu bewegen. Doch er war so besessen ihn zu besitzen und versuchte, die Bauern doch noch auf seine Seite zu ziehen. Er lud sie zu einem Trinkgelage in die Schenke nach Paetrow ein und lenkte ganz geschickt das Gespräch auf den Stein, nachdem die Bauern einige Pott Bier getrunken hatten. Der Gastgeber konnte einige Bauern davon überzeugen, ihm zu helfen, den Stein nach Paetrow zu schaffen, um ihn zur Schau zu stellen. Einer der Bauern warnte die Hitzköpfe und riet ihnen von ihrem Vorhaben ab. Der Bauer merkte, dass er kein Gehör fand und verließ die Schenke mit den Worten: „Ihr solltet euch nicht mit dem Teufel anlegen“. „Ach was“, rief der Neuzugezogene hinterher : “Teufel, alles nur Geschwätz“. Er war davon überzeugt, dass er diesen Stein mit Hilfe der Bauern ruckzuck nach Paetrow in seinen Vorgarten bringen würde. Einige meinten, das werde ihm nicht gelingen, da der Stein nach Überlieferung von 30 Ochsen bewegt wurde, und wer hat heute noch Ochsen im Stall. Da er keine Ruhe gab und diesen Stein unbedingt haben wollte, schlossen die Männer in ihrer Bierlaune eine Wette ab. So kam es, dass man einen Tag und eine Zeit festlegte, sich am Stein zur Bergung zu treffen. Das halbe Dorf machte sich auf den Weg, um bei diesem Spektakel dabei zu sein. Sie wollten mit eigenen Augen sehen, wie er den Stein bergen und nach Paetrow schaffen wollte. Mit schwerem Gerät versuchte man dem Stein beizukommen, aber die Gerätschaften waren dem Teufelsstein nicht gewachsen. Der Mann musste klein beigeben und sich eingestehen, dass er den Mund zu voll genommen hatte.
Da er die Wette aber nicht verlieren wollte, wurde ein zweiter Versuch vereinbart. Viele Schaulustige machten sich abermals auf den Weg, um bei dem zweiten Versuch, den Stein zu heben, dabei zu sein. Einige Bauern waren immer noch skeptisch, diesen Stein zu bewegen, aber ihre Bedenken gingen in der Feierlaune der Schaulustigen unter. Was die Männer nicht wussten war, dass der Teufel in Gestalt eines Beamten ihnen schon lange im Nacken saß. Mit vielen Paragraphen und Verordnungen in der Aktentasche machte er sich auf den Weg nach Paetrow.
Es gelang mit viel Mühe den Stein, der Jahrhunderte am Feldrand gelegen hatte, nach Paetrow zu schaffen und ihn in seiner ganzen Größe aufzustellen. Der Neuzugezogene hatte die Wette zwar gewonnen und glaubte nun, den Stein seiner Begierde zu besitzen, aber er hatte nicht mit dem Teufel gerechnet. Die Freude darüber, dass der Teufelsstein nun in Paetrow steht, wurde allen Beteiligten und Schaulustigen mit einem riesigen Aufschrei des Teufels genommen. Der Teufel war außer sich, dass der Stein nicht mehr an seiner Stelle lag und ohne sein Wissen nicht mehr den Bauern als Grenze diente. Er schrie und so laut, dass im ganzen Land zu hören war, was sich in Paetrow zugetragen hatte.
Er kramte in seiner Aktentasche, holte eine Verordnung nach der anderen heraus und verteilte diese an die Übeltäter. Der Teufel verlangte, dass der Stein an seine ursprüngliche Stelle zurückgebracht werde, auf das Feld der Bauern. Der Neuzugezogene bedauerte und entschuldigte sich beim Teufel, aber den Stein könne er nicht noch einmal bewegen. Daraufhin griff der Teufel voller Wut nach dem Stein, legte ihn auf seine Schulter und wollte ihn nach Passow auf das Feld der Bauern zurückbringen. Die Bauern flehten den Teufel an, den Stein nicht mehr auf ihren Acker abzulegen, den an der Stelle sei jetzt ein Graben, den die Bauern unbedingt für die Entwässerung der Felder benötigten. Der Teufel glaubte nicht was er da hörte und legte den Stein wieder ab. Er kramte noch einmal in seiner Aktentasche und holte einige Paragraphen hervor und gab sie dem Neuzugezogenen und den Bauern. Er war zwar wütend darüber, dass sein Stein in dem privaten Besitz eines einzelnen Menschen durch eine Wette gelangt war und verkündete, dass dieser Stein sein Eigentum sei und keiner das Recht hatte, ihn alleine zu besitzen. Von nun an sollten alle diesen Stein sehen und keiner sollte es je noch einmal wagen, ihn zu bewegen. Der Teufel bestrafte alle empfindlich und verhängte, dass sein Stein nicht nur einem Einzelnen gehören möge, sondern allen Menschen zugänglich gemacht werde.
Auf dem Radweg nach Gadebusch markiert ein weißes Kreuz die Stelle, an welcher der Stein einmal gelegen hat. Heute geht der Radweg genau darüber.

Text : Original-Sage von Otto Kniepcke (Einblicke Heft 1, KV GDB), weitererzählt von Wolfgang Woitag 17.09.22

Der Teufelsstein - Plattdeutsch

Der Teufelsstein
Paetrow

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